02.02.2011

‘Ins Netz gehen ist wie auf eine Party gehen’

So melde mich aus Weihnachtsurlaub und nach unseren Strategietagen wieder zurück.
Jetzt gibt es wieder öfters etwas zu lesen hier.

In der Managerseminare vom Juli 2010 war ein tolles Interview mit Prof. Dr. Peter Kruseüber social media in Unternehmen. Es wird sooo viel Belangloses geschrieben zur Zeit über Facebook und Co., da war das Interview wirklich eine Wohltat.

Hier ein paar Auszüge:

… Die Macht des Senders ist in den Netzwerken nur so groß wie die Resonanz­bereitschaft der Empfänger. Das ist anders als in den klassischen Massenmedien, wo ein Impuls so viele Empfänger erreicht wie an Sendeenergie investiert wird. In den Netz­werken wächst die Reichweite eines abge­setzten Impulses nur mit der Zahl der akti­vierten Empfänger. Netzwerke sind daher unkalkulierbare Resonanzkörper. Irritieren muss das Unternehmenslenker aber nicht. Ich glaube, dass „Teil zu sein in Dynamiken, die man nicht im Griff hat“ immer schon eine Eigenart von Unternehmertum gewesen ist. Auch Märkte sind letztlich nicht kalku­lierbar. Wir haben das ja gerade mehr als deutlich demonstriert bekommen. Die Idee der systematischen Zielerreichung bezieht sich aufs Management, nicht aufs Unter-nehmertum. Die Professionalisierung des Managements haben wir in den vergangenen 20 Jahren heftig genug betrieben. Jetzt sollte die Professionalisierung des Unternehmer­tums in den Fokus rücken: Wie kann ich ein rezeptives, einfühlsames Unternehmen wer­den? Wie kann ich ein Unternehmen wer­den, das den Markt sensibel wahrnimmt und sich eröffnende Möglichkeiten frühzeitig aufgreift? Das Risiko kann man dabei kaum minimieren, nur die Chancen erhöhen.

… Es ist die Wiederaufwertung von Wahrnehmung und von Intuition. Die menschliche Fähigkeit, große Informations­mengen intuitiv zu erfassen und zu Hand­lungsentscheidungen zu verdichten, ist beeindruckend. Wir lernen das von frühster Kindheit an. Schwierig wird es erst, wenn wir bis ins Detail begründen müssen, was wir als ganzes Muster wahrgenommen haben. Wir rationalisieren und bauen Erklärungen, die der Sache eigentlich nicht gerecht werden. Manchmal ist es einfach besser, in einer Dynamik, die uns verstandesmäßig überfor­dert, zu schwimmen anstatt zu versuchen, das „Richtige“ herauszufiltern. 

… Kul­tur kann man nicht steuern. Wenn es um Kulturentwicklung geht, dann geht es mehr um Haltungen und Diskurse als um Soll und Ist. Die Haltungen, die angemessen sind für hierar­chische Formen des Handelns, sind völlig unangemessen für selbstorganisierende Netze. Das Aufeinandertreffen der ver­schiedenen Welten wird in den nächsten Jahren wohl dazu führen, dass uns das Thema Macht immer häufiger begeg­net und begleitet. Der größte Unterschied zwischen Hierar­chie und Netzwerk liegt in der jeweils dafür angemessenen Haltung zum Umgang mit Macht.

… Wenn ein Unternehmen oder auch eine Partei unehrliche Werbung oder verlogene Kampagnen macht, nicht authentisch oder unglaubwürdig ist, Corporate Social Responsibility oder gesellschaftliche Verantwor­tung nicht ernst nimmt, dann wird das sichtbar, ohne dass eine PR-Abteilung oder Agentur es verhindern kann. Die Bewegung der Netze in die Welt ist der eigent­lich interessante Teil, nicht die Verlagerung der Welt in die Netze. Die Netze spielen überall mit, ob man es mag oder nicht. Da ist es doch gut, selber Erfahrungen zu provozieren, Lernprozesse anzuheizen und vielleicht sogar an der Definition neuer Spielregeln mitzuwirken. Zukunft kommt nicht, sie wird gemacht. …

Ein schöne Plädoyer für mehr Aufrichtigkeit, für mehr Kultur und mehr Intuition im Unternehmen. Und das alles wegen web 2.0. Klasse!

Wagen wir mehr davon
Heiko van Eckert

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